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Sportwetten_EM_2024

Euro 2024: Schmerzliche Niederlage für Spielsüchtige

Die Fussball-Europameisterschaft 2024 ist für viele ein Highlight: Bei täglichen Fussballkrimis mitfiebern und gemeinsam mit den Nationalhelden weinen und jubeln. Für Betroffene von Spielsucht ist es eine Tortur. Dank Online-Portalen war es noch nie so einfach wie heute, Sportwetten zu tätigen. Die 24 Stunden Verfügbarkeit und die aggressive Werbung der Wettanbieter für diese sogenannt psychoaktiven Angebote verstärken den Druck auf Betroffene zusätzlich. Dies mit verheerenden Konsequenzen. Besonders gefährdet werden dadurch Jugendliche.

Mindestens jede 20. Person spielt problematisch – für sich und das Umfeld

Allein für Sportwetten haben Berner:innen letztes Jahr 121 Mio. Franken ausgegeben. Dabei haben sich Suchtprobleme im Zusammenhang mit Online-Glücksspielen, wozu Sportwetten zählen, in der Schweiz innerhalb von drei Jahren verdoppelt: von 2.3% im Jahr 2018 auf 5.2% im 2021. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Nebst den Betroffenen sind immer auch mindestens fünf Personen aus dem Umfeld von einer Spielsucht betroffen.  

Geldspielsucht ist eine Verhaltenssucht, welche durch den Konsum von psychoaktiven Angeboten ausgelöst wird. Spielt eine Person im Risiko- oder Suchtbereich, bedeutet das, dass sie immer höhere Einsätze spielt, um ihre Verluste wettzumachen. Glücksspielsucht ist eine stille Sucht. Das heisst, Menschen mit Spielsucht fallen lange nicht auf, trotzdem können die Konsequenzen für die Menschen und ihr Umfeld verheerend sein. Die Anzeichen für problematisches Verhalten und eine Spielsucht zeigen sich dahingehend, dass sich der Fokus einer Person total aufs Glücksspiel einengt und sich die Gedanken konstant um den nächsten möglichen Einsatz drehen. Kann sie nicht spielen, führt dies zu Nervosität und Ängsten und damit Schlafstörungen und psychischem Leiden. Schafft es die Person nicht, ihr Verhalten zu ändern, sind Betroffene gefährdet alles zu verlieren. Arbeitsplatz und Wohnung sowie Beziehungen und Familie. Glücksspielsüchtige Menschen sind deshalb auch hoch suizidgefährdet.

Betroffene haben oft viele erfolglose Versuche hinter sich, das Glückspiel zu stoppen. Sie sind gedanklich stark eingenommen von der Spielerfahrung und denken über Wege nach, Geld zu beschaffen, um erneut zu spielen. Vielfach spielen Betroffene in belasteten Gefühlszuständen, z.B. bei Hilflosigkeit, Schuldgefühlen, Angst oder depressiver Stimmung. Sie belügen andere, um das Ausmass der Verstrickung in das Glückspiel zu vertuschen und gefährden wichtige Beziehungen oder den Arbeitsplatz. Viele der Schwierigkeiten und Probleme, mit denen sich die Spielenden konfrontiert sehen, wirken sich direkt auf Familie und Freundeskreis aus.

 

Fachwissen zu Geld machen? Sportwetten sind kein Geschicklichkeitsspiel

Sportwetten sind Geldspiele, bei denen der Spielgewinn abhängig ist von der richtigen Vorhersage des Verlaufs oder des Ausgangs des Spiels sind. Heute können Wetten zu jeder Zeit, vor und während des Spiels, platziert werden. Je unwahrscheinlicher ein Ergebnis ist, desto höher ist üblicherweise die Quote und damit die Gewinnchance. Dabei wird nicht nur darauf gewettet, wer das Spiel gewinnt. Es gibt unzählige zusätzliche Wett-Optionen: Wer Torschütze wird, wann die Tore erzielt werden oder wie das Spiel verläuft, um nur einige zu nennen.

Das Perfide daran: Den Wettenden wird vorgegaukelt, dass Geschicklichkeit und Fachwissen einen Einfluss auf die Gewinnchancen haben. So wetten sportinteressierte junge Männer besonders häufig. Sie sind der Überzeugung, dass ihr Sportwissen (z.B. Verletzungsstatus, Trainingsstand, bisherige Leistung, Stand in der Tabelle, Heimvorteil etc.) ihnen hilft, richtige Wettentscheidungen zu treffen. Verschiedene Untersuchungen konnten inzwischen zeigen, dass dies eine Fehleinschätzung ist.

 

Wettanbietende stecken Millionen in Werbung – mit Erfolg und ohne Kontrolle

Dass Sportwetten reines Glücksspiel sind, wissen auch die Wettanbietenden. Sie investieren jedes Jahr zig Millionen, um die Wetteinsätze anzukurbeln. 9.7 Mio Franken hat Swisslos (Sporttip) 2022 für Werbung ausgegeben, Loterie Romande 13.2 Mio. Dabei inszenieren sie Sportwetten nahe an der Welt des Sports: leistungsorientiert, durch Übung beherrschbar und kompetitiv. Und sie schrecken nicht davor zurück, bekannte Gesichter aus der Sportwelt einzusetzen.

Was Glücksspiel-Werbung bewirkt, ist wissenschaftlich gut untersucht: Sie fördert unrealistische Gewinnerwartungen, normalisiert Glücksspiel und festigt positive Einstellungen dazu. Bei Glückspielsüchtigen erhöht sie die Rückfallgefahr und löst besonders bei Minderjährigen Spielbedürfnisse aus. Damit gelten bereits Jugendliche als besonders gefährdet, glücksspielbezogene Probleme zu entwickeln. Deshalb empfehlen Fachleute heute, dass Jugendliche bereits ab 12 Jahren zum Thema Geldspiel sensibilisiert werden.

Kontrolliert wird die Glücksspiel-Werbung kaum. Eigentlich wären finanzielle Anreize in der Werbung verboten, Inhalt und Bildsprache zielen aber genau darauf ab (Im Geld schwimmen wie Dagobert Duck). Dabei spielt auch mit, dass die ausländischen Online-Anbietenden mit Netzsperren kaum zu regulieren sind.

Unterstützung für Betroffene

Wer das Gefühl hat, das Glücksspiel nicht mehr im Griff zu haben, oder sich Sorgen um eine Person im Umfeld macht, findet bei der Berner Gesundheit Hilfe. Für Fachpersonen, Eltern und Angehörige bietet die Berner Gesundheit zudem Beratung und Information zur Prävention von Glücksspielsucht.

www.bernergesundheit.ch, 0800 070 070

Weitere Anlaufstellen

Schuldenberatung Schweiz: Verzeichnis mit regionalen Fachstellen: www.schulden.ch

SOS spielsucht.ch:  www.sos-spielsucht.ch